RICHARD VAN SCHOOR
komponist | pianist | dirigent
werk
L'Européenne
Oper von Richard van Schoor | Libretto von Thomas Goerge | Gefördert im Fonds Doppelpass der Kulturstiftung des Bundes
Premiere am 06.03.2020 am Theater Lübeck
Das Werk „L‘Européenne“ konfrontiert uns mit Themen, die die Welt unserer Zeit beschäftigen, Themen, mit denen wir uns alle auseinanderzusetzen haben: die Zerstörung der Umwelt, toxische Belastungen, Flüchtlingsströme und Migration, rechtsradikaler Populismus, Rassismus, die Aufarbeitung der Folgen einer menschenverachtenden Kolonialisierung ...
Für mich als Komponist einer Oper genießt das Libretto oberste Priorität. Der Text von Thomas Goerge ist sehr farbenvoll, stilistisch eklektisch und vielfältig.
In offenen und versteckten Zitaten spielt die Musik immer wieder auf sich teilweise hartnäckig haltende Klischées und Vorurteile des jeweils anderen Kontinents an: das Helfer-Syndrom der Europäer – die Vorstellung der Afrikaner, dass in Europa immer Milch und Honig fließen. Mit Hilfe der Zitate, als sehr bewusst und genussvoll eingesetzten Stilmitteln, kann die Musik den Text auch zynisch ironisierend kommentieren. Die Gegensätze arm/reich werden durch Harmonik und Instrumentation gegeneinander ausgespielt. „Recycled“ Objekte, wie Blechdosen, Aluminium, Glas- und Plastikflaschen, Synthetische Kleidung, Papier, Plastik, Stroh, Glasscherben, werden in die Partitur integriert. Die archaische Welt der afrikanischen Ahnen mit ihren Urklängen, Trommeln und Tierrufen trifft auf eine europäische Tonsprache, teilweise mit Anklängen an die strenge Ordnung und Struktur der Zwölfton-Musik. Die filmischen Aspekte des Regiekonzepts haben mich animiert, mitunter klangliche Flächen einzubauen, vor denen sich filmische Abläufe abspielen können. Diese verlangen manchmal auch nach einer bildsprachlichen Musik, wie z.B. den Klängen eines kaputten Bootsmotors beim Überqueren des Mittelmeers, oder einer in Zeitlupe gefangenen Musik, welche die leblosen ertrunkenen Körper unter dem Wasser begleitet. Schließlich taucht auch die Welt des Internets und der Social Media auf: am Schluss der Twitter-Chor – #Hass, #Ausländerraus – hier war mein Ziel, dass man das Gefühl bekommt, man könne durch die Oper surfen, sich von einer eklektischen Szene in die nächste rein und raus klicken – alles komprimiert, stringent und auf Schnelldurchlauf. Aus der Fülle dieser Komponenten entsteht ein Klangspektrum, das diesem Werk seine charakteristische Sprache verleiht.
-Richard van Schoor-
I like africa and africa likes me
Musiktheater-Reihe von Daniel Angermayr (Ö),
Thomas Goerge (D), Lionel Poutiaire Somé (Burkina Faso), Abdoul Kader Traoré (Burkina Faso) und Richard van Schoor (Südafrika)
in Kooperation mit der Oper Halle und dem Theater Lübeck.
Alp Arslan
Oper von Richard van Schoor | Libretto von Willem Bruls | gefördert durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst 2019
Premiere am 04.05.2019 am Theater Gießen
hr Fernsehen kultur zeit | 02.05.2019
"In erster Linie ist Oper für mich Musik im Dienst des Textes. Dass der Text an sich grundlegend genügend Raum für die Musik lässt, ist unabdinglich. Meine subjektive Wahrnehmung ist, dass nicht ich als Komponist, sondern dass der Text alle wichtige Entscheidungen fällt oder bestimmt. Ich versuche lediglich, dabei behilflich zu sein.
Stilistisch wollte ich die Musik zunächst neutral halten, ein abstraktes, minimalistisches Werk. Im Laufe der Arbeit ließ ich mich aber doch von dem Librettisten inspirieren, syrische Komponenten in das Werk aufzunehmen, wie zum Beispiel einen sogenannten „Syrischen Sänger“ sowie syrische Musiker als bühnenmusikalische Elemente. Das bedeutete, entweder diese speziellen Farben als Zitate einzusetzen oder eine homogene Sprache zu erschaffen, welche das musikalische Lokalkolorit durchgehend mit berücksichtigt, damit das Werk nicht eklektisch wird. Ich entschied mich schließlich für letzteres. Dadurch ist ein eher symphonisches Werk entstanden.
Die Aufnahmen, die Willem Bruls in 2002 mit dem niederländischen Rundfunk in Aleppo machte, studierte ich gründlich. Ich war von dieser einmaligen Musik und Atmosphäre sofort berührt und beeindruckt. Man kann davon ausgehen, dass viele Orte, in denen diese Musikbeispiele entstanden, jetzt völlig zerstört sind. Die Aufnahmen, die oft al fresco-Charakter besitzen, wurden mitten im Leben aufgenommen. Genau diese Emotionen und Atmosphären sollten einen Raum in der Oper wieder finden. Schließlich ist das ein wichtiges Zeitdokument. Dabei wollte ich meine eigene musikalische Sprache durchgehend beibehalten. Diese Integration war die Herausforderung. Bei der Orthodoxen Osterfeier in Akt 2 habe ich dreimal Original-Melodien für Chorsätze verwendet – das schien hier angebracht, weil die Osterfeiern solche alte Traditionen aufweisen und auch weil der Text über die Melodien spricht. Diese Melodien habe ich aber auch gleichzeitig polyphon mit einem eigenen Chorsatz verbunden, ein archaisch klingender Männergesang, der syrischen Charakter aufweist, aber erfunden ist. In Akt 1 ist die Chormelodie auch von mir, hat aber gewollt auch syrischen Charakter und wird als Leitmotiv oft verwendet. Die Melodie, die man ganz am Anfang der Oper hört und die von der Vielle gespielt wird, ist erfunden, weist auch Lokalkolorit auf und wird ebenfalls als Leitmotiv erzählerisch öfters eingesetzt. Für die syrischen Musiker (Bühnenmusik) habe ich Musik geschrieben, die auf den Aufnahmen basiert, die Willem Bruls mitgebracht hat. Auch die „Arie“ der Großmutter in Akt 3 basiert auf Original-Aufnahmen von Willem Bruls.
Ich habe mich natürlich mit der Vierteltonmusik auseinander gesetzt und versucht, sie dort so einfließen zu lassen, damit man die Farbe hat, aber dass sie ohne großen Aufwand für das Orchester geschehen kann. Im Prolog und Epilog habe ich die musikalische Sprache etwas abgesetzt, damit sie Ruckblende-Charakter hat. Dafür wird hauptsächlich Cembalo, präpariertes Klavier und Harfe eingesetzt. Die Chaosmusik am Anfang von Akt 1 soll auf das Trauma Syriens sowie das der einzelnen Figuren hin deuten, auch das der Stadt. Die „Chaosmusik“ mündet in Polyrhythmik und Polyharmonie, die das Delirium Ridwans vor seinem bevorstehenden Tod verstärken soll. Hier kommen verschiedene Ebenen gleichzeitig zum Tragen: heitere syrische Musik, die man womöglich vom Marktplatz hört, der Klang eines Minarettsängers über den Dächern von Aleppo, das Orchester, das versucht, die ernste Lage klar zu machen.
Die Figuren weisen sehr klare Eigenschaften auf. Alp ist innerlich sehr zerrissen. Das wollte ich natürlich auch in den Noten umsetzen. Noch komplexer präsentiert sich allerdings Loulou. Das ist selbst für einen erfahrenen Sänger eine große Herausforderung. Er muss von der Baritonlage bis zum hohen A singen. Und schon was den Umfang der Partie angeht, gibt es im Countertenor-Fach, glaube ich, bisher wenig Vergleichbares. Das beginnt schon im Prolog, den er quasi allein tragen muss. Die Partien der Mutter und der Großmutter sind öfters sehr tief angesetzt, während Alp und Loulou eher hoch liegen. Das ist etwas ironisch gemeint. Ich wollte die Frauen als geerdete Säulen der Gesellschaft darstellen, während die Männer eher mit Ego-Hysterien beschäftigt sind."
Koan
Ein Auftragswerk der Ludwigsburger Schlossfestspiele 2010
"KOAN soll nicht als Ergänzung zu Mozarts Requiem verstanden werden, obwohl für mich aus dem vorgesehenen Programm selbstverständlich eine gewisse Prägung hervorgeht. Die fragmentarische Fassung des Requiems wirft für mich persönlich sehr viele Fragen auf, Fragen, die sich wahrscheinlich nicht beantworten lassen. Diese Fassung ist für mich an sich ein Koan. Meine Antwort darauf ist ein weiteres Koan, ein Koan, das dem Zuhörer oder dem Beobachter als Aufgabe gegeben wird, eines das jeder nur für sich beantworten kann oder soll. "
Wagner | van Schoor: DER RING
Musiktheater-Projekt am Theater Trier zusammen mit angermayr/goerge – Premiere am 7.04.2017
"Sich Wagners Ring musikalisch zu nähern war eine gigantische Herausforderung. Sie glich dem Verschieben gewaltiger kompositorischen Säulen, damit eine andere Musik mit ihnen existieren kann. Das Konzept von Thomas Goerge bot mir dafür sehr viele Freiheiten, in der Musik von Wagner musste ich öfters danach suchen. "
Reflux für Celli
(für Mathis Mayr & Nora Krahl)
Ein Beitrag zu Sisyphotische Sykomoren Symphonie von Thomas Goerge an der Berliner Staatsoper im Schillertheater 2015
KENGE – hitotsu no kotae
für Orchester, Solo Countersopran, Counteralt, Tenor, Bass, SATB Knabenchor
Ein Auftragswerk der KunstFestSpiele Herrenhausen-Hannover 2014
"Im Zen-Buddhismus bezeichnet das Wort KENGE eine Antwort, die auf ein KOAN (ein Zen-Rätsel) gegeben wird. Der Untertitel "Hitotsu no Kotae" bedeutet in japanischer Umgangssprache so viel wie: eine Antwort ... aber nicht "die Antwort".
Oratorio – die sieben letzten worte …
in anderen worten
für Orchester, SATB Chor & Soli
Ein Auftragswerk der Ludwigsburger Schlossfestspiele 2012
"mein wissen -
das fesselt mich
mein glaube -
den schütze ich, halt ihn fest
wenn gott
die liebe
ist,
bin ich
es auch, auch ich?
nicht die menschen
menschen töten,
töte das was du
zu wissen glaubst"
Kinder Toten Lieder – Alle Lust will Ewigkeit
für Orchester, SATB Chor & Soli
Ein Auftragswerk der KunstFestSpiele Herrenhausen 2013 in Zusammenarbeit mit caprificus.org (Thomas Goerge, Gerhard Schebler) und KREAS (Christof Nel und Martina Jochem)
"'Kindertotenlieder' is a spatial, tonal and theatrical experiment focused on one of the most ancient themes in art – the cultural approach to grief and loss, the human compulsion to hang on to the past and the possibility of letting go."
KunstFestSpiele Herrenhausen
Büchner
Stationen einer Jagd
für Orchester, SATB Chor & Soli
Ein Auftragswerk des Stadttheater Giessen anlässlich des Festivals Büchner International 2013
"Der Kompositionsauftrag für diese Mehrsparten-Theaterproduktion ging an den jungen, südafrikanischen Komponisten Richard van Schoor, der auch die Musikalische Leitung übernehmen wird.
Büchner: Das Phänomen eines Lebens, kurz, schnell, voller Menschenliebe und voller Gewalt. Kaum begonnen, endet es.
Dazwischen Himmel und Hölle, Krieg und Frieden, Reichtum und Armut, Glaube, Liebe, Hoffnung. Ein großes Herz wird hin und her geworfen zwischen innerer Wirrnis, äußerer Gefahr, unnachgiebiger Gerechtigkeitssucht und unstillbarem Freiheitsdrang. Seziermesser oder Schreibfeder oder beides in Einem.
Büchner: Ein wütiger Agnostiker mit hungrigem Blick auf des Menschen Suche nach dem Glück."
Ornithologische Episoden
für Blockflöte, Streicher und Cembalo
Ein Auftragswerk für Stefan Temmingh und das Stuttgarter Kammerorchesters 2011
Dietrich-Bonhoeffer-Messe
Messe für Tenor, Bariton, Orgel, Streicher und SATB Chor
Ein Auftragswerk des St Paul's Trust London zum 100sten Geburtstag von Dietrich Bonhoeffer
"Ich habe mit Absicht in dem Stück kein harmonisches Schema verwendet. Alle Sätze haben scheinbar eigene tonale Zentren, die im Gesamtkonzept nicht miteinander verwandt sind. So kommen z.B. die Tonzentren f-moll, es-moll, A-Dur, C-Dur, D-Dur, F-Dur, Es-Dur, d-moll, e-moll, H-Dur, As-Dur unter-einander gemischt vor. Das soll auf Dietrich Bonhoeffers ökumenische Überzeugung hindeuten - jeder hat eine individuelle Berechtigung und ist trotzdem Teil des Ganzen. Aus ökumenischer Sicht ist nicht zuletzt durch die verwendeten lateinischen Zitate das Werk sowohl für eine evangelische als auch für eine katholische Messe geeignet."
Richard van Schoor
Sonata für Streichertrio
Allun String Trio
Ein Auftragswerk des Maggini-Trio für die Neue-Musik-Reihe der Universität Augsburg 2009
Sechs Konzert-Tangos
für Klavier, Violine und Violoncello
Vaterunser
für 11 Solostimmen oder Doppelchor
Christmas Symphonia
für Symphonisches Orchester, Orgel, SATB Chor und 6 Solisten
A Bitter Suite
für Symphonisches Orchester, Orgel, SATB Chor und 6 Solisten