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premiere 06.03.2020 | welturaufführung

L' Européenne

THEATER LÜBECK

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Das Werk „L‘Européenne“ konfrontiert uns mit Themen, die die Welt unserer Zeit beschäftigen, Themen, mit denen wir uns alle auseinanderzusetzen haben: die Zerstörung der Umwelt, toxische Belastungen, Flüchtlingsströme und Migration, rechtsradikaler Populismus, Rassismus, die Aufarbeitung der Folgen einer menschenverachtenden Kolonialisierung ...
Für mich als Komponist einer Oper genießt das Libretto oberste Priorität. Der Text von Thomas Goerge ist sehr farbenvoll, stilistisch eklektisch und vielfältig.
In offenen und versteckten Zitaten spielt die Musik immer wieder auf sich teilweise hartnäckig haltende Klischées und Vorurteile des jeweils anderen Kontinents an: das Helfer-Syndrom der Europäer – die Vorstellung der Afrikaner, dass in Europa immer Milch und Honig fließen. Mit Hilfe der Zitate, als sehr bewusst und genussvoll eingesetzten Stilmitteln, kann die Musik den Text auch zynisch ironisierend kommentieren. Die Gegensätze arm/reich werden durch Harmonik und Instrumentation gegeneinander ausgespielt. „Recycled“ Objekte, wie Blechdosen, Aluminium, Glas- und Plastikflaschen, Synthetische Kleidung, Papier, Plastik, Stroh, Glasscherben, werden in die Partitur integriert. Die archaische Welt der afrikanischen Ahnen mit ihren Urklängen, Trommeln und Tierrufen trifft auf eine europäische Tonsprache, teilweise mit Anklängen an die strenge Ordnung und Struktur der Zwölfton-Musik. Die filmischen Aspekte des Regiekonzepts haben mich animiert, mitunter klangliche Flächen einzubauen, vor denen sich filmische Abläufe abspielen können. Diese verlangen manchmal auch nach einer bildsprachlichen Musik, wie z.B. den Klängen eines kaputten Bootsmotors beim Überqueren des Mittelmeers, oder einer in Zeitlupe gefangenen Musik, welche die leblosen ertrunkenen Körper unter dem Wasser begleitet. Schließlich taucht auch die Welt des Internets und der Social Media auf: am Schluss der Twitter-Chor – #Hass, #Ausländerraus – hier war mein Ziel, dass man das Gefühl bekommt, man könne durch die Oper surfen, sich von einer eklektischen Szene in die nächste rein und raus klicken – alles komprimiert, stringent und auf Schnelldurchlauf. Aus der Fülle dieser Komponenten entsteht ein Klangspektrum, das diesem Werk seine charakteristische Sprache verleiht.

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-Richard van Schoor-

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